Wie könnte eine demokratische Alternative zur Macht der digitalen Medienmonopole aussehen?

von Wolfgang Lieb

Seit 1989, als Tim Berners-Lee das World Wide Web erfunden hat, erleben wir einen grundlegenden Wandel des Mediensystems, der in seiner Qualität eigentlich nur noch mit der Erfindung des Buchdrucks zu vergleichen ist.

Zwar weichen die Angaben über die Mediennutzung, über die Reichweite und über die Wirkung der einzelnen Medien je nach Untersuchung deutlich voneinander ab, aber die Tendenz ist eindeutig: Vor allem, wenn man auf die nachfolgenden Generationen schaut, verlieren die klassischen Medien, insbesondere die Zeitungen, aber auch das programmgebundene, lineare Radio und das das öffentlich-rechtliche wie das private Fernsehen dramatisch an Bedeutung, zumal für die Verbreitung von Informationen, während das Medium Internet als Kommunikationsplattform sowohl im Hinblick auf

  • die Nutzungsmöglichkeiten,
  • die Nutzungszeit als auch hinsichtlich
  • des Meinungsbildungsgewichts kontinuierlich zunimmt,

ja inzwischen sogar die Führungsrolle übernommen hat.

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Die Rundfunkkommission der Länder hat sich kürzlich darauf verständigt, dass sie einen Zukunftsrat einsetzen will, der Empfehlungen für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erarbeiten soll. Doch in der Diskussion über die Reform der Sender kommt die Frage nach den Inhalten viel zu kurz, findet IöR-Mitglied Jürgen Betz. Viel wichtiger als eine AG Digitale föderale ARD, die die Intendanten im September 2022 beschlossen haben, wäre seiner Meinung nach eine AG Inhalte.

Von Dr. Ortlieb Fliedner in medienpolitik.net

Die Medienfreiheit, die unsere Verfassung garantiert, wird zu Recht als konstituierend für eine Demokratie bezeichnet. Die Medien, die in dieser Freiheit agieren, verweisen deshalb gerne darauf, dass sie eine tragende Rolle in der Demokratie haben, als Vierte Gewalt die Aufgabe haben, die drei staatlichen Gewalten zu kontrollieren.

Ihre Kontrollfunktion, die sie gegenüber staatlichem Handeln haben, ist aber kein Freibrief, den normalen Politikbetrieb in der Demokratie, die notwendigen Funktionsweisen einer Demokratie in einer Weise zu spiegeln, die diesen Betrieb herabsetzt und verächtlich macht. Tragende Säule der Demokratie zu sein und gleichzeitig diese Demokratie immer wieder schlecht zu reden und zu schreiben, ist nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern leistet auch einen Beitrag zu Politik- und Demokratieverdrossenheit. Zur Medienfreiheit gehört auch eine Verantwortung gegenüber der Demokratie!

In einem ausführlichen Beitrag des Magazins Medienpolitik appelliert Ortlieb Fliedner an die Medien, ihrer Verantwortung für die Demokratie nachzukommen.

Dr. Ortlieb Fliedner fordert in einem Debattenbeitrag, den er im Online-Forum Medienpolitik.net veröffentlicht hat: Genauer Hinsehen

Die Demokratie ist nicht erst in Gefahr, wenn ihre Repräsentanten angegriffen oder sogar umgebracht werden. Den Taten geht eine Entwicklung voraus, die ein Klima erzeugt, in dem sich Menschen zu solchen Taten ermutigt fühlen. Hass, Hetze und Bedrohungen in den sozialen Medien im Internet haben in den letzten Jahren ein solches Klima miterzeugt.

Fast gar nicht im öffentlichen Bewusstsein ist eine andere Entwicklung, die unsere Demokratie dauerhaft beschädigen kann und der noch kaum und unzureichend entgegengewirkt wird: Unsere demokratischen Institutionen, die den Zusammenhalt der Gesellschaft gewährleisten müssen, werden auf breiter Front und von vielen Seiten angegriffen und verächtlich gemacht mit der zum Teil gewollten Folge, dass ihre Integrationsfähigkeit und ihre tatsächliche Integrationskraft gemindert wird. Gleichzeitig schwindet sowohl in der Gesellschaft wie auch zum Teil in der Politik das Bewusstsein für die Bedeutung der integrativen Funktion dieser Institutionen für die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie.

Die im Staatsvertrag vorgesehene Beitragserhöhung ist gescheitert, weil die Regierungsvorlage zum Staatsvertrag vom Ministerpräsidenten zurückgezogen und somit im Landtag von Sachsen-Anhalt nicht zur Abstimmung gestellt worden ist.

Sabine Hadamik hat in einem Beitrag für medienpolitik.net auf die davor liegende Debatte Bezug genommen und herausgearbeitet, dass die ablehnende Argumentation Punkt für Punkt im Rahmen der der Beitragsdiskussion verfassungswidrig ist und auf eine politische Einflussnahme abzielt und kommt zu folgendem Fazit:

Der Rekurs auf die in Sachsen-Anhalt gegen die Beitragserhöhung vorgebrachten Argumente zeigt, wie essentiell es für unseren demokratischen Rechtsstaat ist, dass das Bundesverfassungsgericht den Schutz der Grundrechte garantiert und angesichts sich verändernder Lebensbedingungen weiterentwickelt. Sollte das Parlament in Sachsen- Anhalt tatsächlich seine Zustimmung zum Ersten Medienänderungsstaatsvertrag verweigern, würden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gezwungen, erneut das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Das Bundesverfassungsgericht würde dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die wegen der Nichtzustimmung des Landtags von Sachsen-Anhalt unterlassene Erhöhung des Rundfunkbeitrags mit der Rundfunkfreiheit unvereinbar und deshalb verfassungswidrig war.

Es ist zu hoffen, dass die Politiker der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt bei der Abstimmung über die von der KEF vorgeschlagene Beitragserhöhung nicht, wie vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigt, „zur Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit“ werden. Die parlamentarische Diskussion in Sachsen-Anhalt hat mit Blick auf die parlamentarische Diskussionslage auch in anderen Parlamenten durchaus exemplarischen Charakter. Sie wirft die sehr grundsätzliche Frage auf, was es für die Demokratie bedeutet, wenn demokratisch gewählte Abgeordnete der Verfassung, wie sie vom Bundesverfassungsgericht verbindlich ausgelegt wird, bei ihrem Handeln ersichtlich keinen Stellenwert einräumen.

Link zum vollständigen Artikel: Eine Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit?

Dr. Ortlieb Fliedner (Rechtsanwalt, Bonn) stellt ein bekanntes Zitat auf den Prüfstand

Ein Satz von Hanns Joachim Friedrichs wird zum journalistischen Leitbild

Demnächst wird wieder der Hanns Joachim Friedrichs Preis an gute Journalisten oder Journalistinnen verliehen. Dann wird wieder landauf landab ein Satz Konjunktur haben, der Hanns Joachim Friedrichs zugeschrieben wird:

Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache, dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.

medienpolitik.net veröffentlicht Ortlieb Fliedners Debattenbeitrag

Michalis Pantelouris nimmt in über medien ebenfalls Bezug auf den Satz von Hajo Friedrichs: Journalisten sind Aktivisten

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