Von Dr. Ortlieb Fliedner in medienpolitik.net

Die Medienfreiheit, die unsere Verfassung garantiert, wird zu Recht als konstituierend für eine Demokratie bezeichnet. Die Medien, die in dieser Freiheit agieren, verweisen deshalb gerne darauf, dass sie eine tragende Rolle in der Demokratie haben, als Vierte Gewalt die Aufgabe haben, die drei staatlichen Gewalten zu kontrollieren.

Ihre Kontrollfunktion, die sie gegenüber staatlichem Handeln haben, ist aber kein Freibrief, den normalen Politikbetrieb in der Demokratie, die notwendigen Funktionsweisen einer Demokratie in einer Weise zu spiegeln, die diesen Betrieb herabsetzt und verächtlich macht. Tragende Säule der Demokratie zu sein und gleichzeitig diese Demokratie immer wieder schlecht zu reden und zu schreiben, ist nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern leistet auch einen Beitrag zu Politik- und Demokratieverdrossenheit. Zur Medienfreiheit gehört auch eine Verantwortung gegenüber der Demokratie!

In einem ausführlichen Beitrag des Magazins Medienpolitik appelliert Ortlieb Fliedner an die Medien, ihrer Verantwortung für die Demokratie nachzukommen.

Vor kurzem wurde die Absicht der ARD bekannt, die politischen Magazine zu reduzieren. Außerdem soll die Auslandsberichterstattung gekürzt und der Weltspiegel von seinem Sendeplatz in eine Nachtschicht verschoben werden mit der Begründung, alles sei ja in der Mediathek einsehbar. Dabei handelt es sich nicht um einfache Programmentscheidungen sondern um die Gefährdung von journalistischen Rahmenbedingungen für die Zukunft.

In der Epidemie ist uns allen deutlich vor Augen geführt worden, wie sehr wir auf die internationale Vernetzung angewiesen sind. Die Globalisierung wird sich nicht zurückdrehen lassen. Und der europäische Zusammenhalt muss immer wieder neu diskutiert und gestaltet werden. Die Auslandsberichterstattung im Zuge des digitalen Umbaus zurück zu fahren, ist daher nicht sinnvoll.

Ein weltweites Korrespondentennetz ist eines der wesentlichen Kennzeichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auslandsstudios werden im Zuge der digitalen Transformation sicher nicht überflüssig, sondern werden für die Sicherung faktenbasierter Nachrichten vielleicht sogar wichtiger als bisher.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in der deutschen Medienlandschaft zur Stärkung der Demokratie eine verfassungsrechtliche Alleinstellung, die insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass er seine Programme nicht nach marktwirtschaftlichen Kriterien anbieten muss und ihm im Medienstaatsvertrag rechtliche Verpflichtungen auferlegt sind, die alle anderen Medien nicht haben. Er hat nach § 26 Medienstaatsvertrag unter anderem einen ganz klaren Auftrag, der lautet:

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern.

In der derzeitigen Diskussion um die Zukunft von Auftrag und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und angesichts vieler Anfeindungen ist es umso wichtiger, dass seine Bedeutung für die Stabilität unserer Demokratie deutlich sichtbar wird. Die diskutierte Verlegung und Einschränkung der bisher erfolgreichen Auslandsberichterstattung ist hierfür jedoch in höchstem Maße kontraproduktiv.

Der IÖR appelliert daher an die ARD, die Pläne der Verlegung des Weltspiegels und der Reduzierung der Auslandsberichterstattung fallen zu lassen.

Dr. Ortlieb Fliedner fordert in einem Debattenbeitrag, den er im Online-Forum Medienpolitik.net veröffentlicht hat: Genauer Hinsehen

Die Demokratie ist nicht erst in Gefahr, wenn ihre Repräsentanten angegriffen oder sogar umgebracht werden. Den Taten geht eine Entwicklung voraus, die ein Klima erzeugt, in dem sich Menschen zu solchen Taten ermutigt fühlen. Hass, Hetze und Bedrohungen in den sozialen Medien im Internet haben in den letzten Jahren ein solches Klima miterzeugt.

Fast gar nicht im öffentlichen Bewusstsein ist eine andere Entwicklung, die unsere Demokratie dauerhaft beschädigen kann und der noch kaum und unzureichend entgegengewirkt wird: Unsere demokratischen Institutionen, die den Zusammenhalt der Gesellschaft gewährleisten müssen, werden auf breiter Front und von vielen Seiten angegriffen und verächtlich gemacht mit der zum Teil gewollten Folge, dass ihre Integrationsfähigkeit und ihre tatsächliche Integrationskraft gemindert wird. Gleichzeitig schwindet sowohl in der Gesellschaft wie auch zum Teil in der Politik das Bewusstsein für die Bedeutung der integrativen Funktion dieser Institutionen für die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie.

Die im Staatsvertrag vorgesehene Beitragserhöhung ist gescheitert, weil die Regierungsvorlage zum Staatsvertrag vom Ministerpräsidenten zurückgezogen und somit im Landtag von Sachsen-Anhalt nicht zur Abstimmung gestellt worden ist.

Sabine Hadamik hat in einem Beitrag für medienpolitik.net auf die davor liegende Debatte Bezug genommen und herausgearbeitet, dass die ablehnende Argumentation Punkt für Punkt im Rahmen der der Beitragsdiskussion verfassungswidrig ist und auf eine politische Einflussnahme abzielt und kommt zu folgendem Fazit:

Der Rekurs auf die in Sachsen-Anhalt gegen die Beitragserhöhung vorgebrachten Argumente zeigt, wie essentiell es für unseren demokratischen Rechtsstaat ist, dass das Bundesverfassungsgericht den Schutz der Grundrechte garantiert und angesichts sich verändernder Lebensbedingungen weiterentwickelt. Sollte das Parlament in Sachsen- Anhalt tatsächlich seine Zustimmung zum Ersten Medienänderungsstaatsvertrag verweigern, würden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gezwungen, erneut das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Das Bundesverfassungsgericht würde dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die wegen der Nichtzustimmung des Landtags von Sachsen-Anhalt unterlassene Erhöhung des Rundfunkbeitrags mit der Rundfunkfreiheit unvereinbar und deshalb verfassungswidrig war.

Es ist zu hoffen, dass die Politiker der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt bei der Abstimmung über die von der KEF vorgeschlagene Beitragserhöhung nicht, wie vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigt, „zur Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit“ werden. Die parlamentarische Diskussion in Sachsen-Anhalt hat mit Blick auf die parlamentarische Diskussionslage auch in anderen Parlamenten durchaus exemplarischen Charakter. Sie wirft die sehr grundsätzliche Frage auf, was es für die Demokratie bedeutet, wenn demokratisch gewählte Abgeordnete der Verfassung, wie sie vom Bundesverfassungsgericht verbindlich ausgelegt wird, bei ihrem Handeln ersichtlich keinen Stellenwert einräumen.

Link zum vollständigen Artikel: Eine Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit?

Dr. Ortlieb Fliedner (Rechtsanwalt, Bonn) stellt ein bekanntes Zitat auf den Prüfstand

Ein Satz von Hanns Joachim Friedrichs wird zum journalistischen Leitbild

Demnächst wird wieder der Hanns Joachim Friedrichs Preis an gute Journalisten oder Journalistinnen verliehen. Dann wird wieder landauf landab ein Satz Konjunktur haben, der Hanns Joachim Friedrichs zugeschrieben wird:

Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache, dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.

medienpolitik.net veröffentlicht Ortlieb Fliedners Debattenbeitrag

Michalis Pantelouris nimmt in über medien ebenfalls Bezug auf den Satz von Hajo Friedrichs: Journalisten sind Aktivisten

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Resolution: Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken!

Wir, die Mitglieder des Initiativkreises öffentlich-rechtlicher Rundfunk Köln e.V. (IÖR), sind in großer Sorge, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei den anstehenden politischen Entscheidungen über seine zukünftige Finanzierung und seinen Auftrag geschwächt wird und damit seiner Aufgabe, einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität der Demokratie und zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten, nicht mehr ausreichend nachkommen könnte. Insbesondere die Vereinbarung der Ministerpräsidenten, den Rundfunkbeitrag langfristig stabil zu halten, hat zur Folge, dass nicht über Zukunftsinvestitionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern über Beschränkungen des Programmauftrags oder das Einfrieren des Finanzrahmens diskutiert wird. Und diese Diskussion findet in einem Umfeld statt, in dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk von verschiedenen Seiten angegriffen und diffamiert wird.

Wir wenden uns daher mit dieser Resolution sowohl an die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker wie auch an die Zivilgesellschaft, um deutlich zu machen, was auf dem Spiel steht.

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