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Stellungnahme des IÖR zum Reformvorhaben der Rundfunkkommission der Länder

I. Vorbemerkung

Die Ziele des Reformpakets der Rundfunkkommission der Länder, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien zu stärken und ihre Weiterentwicklung zu fördern, sind zu begrüßen. Einige, der vorgeschlagenen Regelungen aber sind geradezu konträr zu den mit dem Reformpaket verfolgten Zielen.

  • Einer der größten Kritikpunkte besteht darin, dass die Regelung der Finanzierung des ÖRR in eine ungewisse Zukunft verschoben wird. Wie soll denn der erbetene Reformeifer der Anstalten geweckt werden, wenn ihnen die durch die KEF festgestellten notwendigen Finanzmittel verfassungswidrig verweigert werden und die Anstalten deshalb gezwungen werden, über Gebühr Einsparungen vorzunehmen.
    Qualitätsverbesserungen anzumahnen und gleichzeitig zum übermäßigen Sparen zu zwingen ist ein Widerspruch in sich!
  • Die Verschärfung der Regelung zur untersagten Presseähnlichkeit der Angebote des ÖRR im Internet widerspricht in besonderem Maße dem Ziel, alle gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen. Gerade unter jüngeren Menschen spielen die online-Angebote zu politischen Themen eine immer größere Rolle. Es ist daher absurd, öffentlich-rechtliche Texte einzuschränken und die Lesegewohnheiten dieses Publikums zu missachten.
  • Die beabsichtigte Begrenzung der Spartenprogramme widerspricht eindeutig dem Kultur und Bildungsauftrag des ÖRR. Gerade in Zeiten von fake news und Verschwörungsinhalten ist es widersinnig, das hervorragende Informationsangebot des ÖRR, das unterschiedliche Zielgruppen anspricht, in der vorgesehenen Weise zu beschneiden.
  • Der Ansatz, eine allgemeine Plattform für alle öffentlich-rechtlichen Angebote zu ermöglichen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Um ein wirkliches Gegengewicht zu den amerikanischen Großunternehmen zu schaffen, sollte jedoch eine Public-Service -Plattform angestrebt werden, die auch Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen beteiligt.

II. Unsere Anmerkungen im Überblick

Der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk Köln. e.V. (IÖR) begrüßt das Vorhaben, die öffentlich-rechtlichen Medien zu stärken und ihre Weiterentwicklung zu ermöglichen. Mit dem Entwurf nehmen die Länder ihre Aufgabe ernst, Auftrag und Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Angebots zu regeln und zu konkretisieren. Diese Aufgabe ist Sache des Gesetzgebers, wie das BVerfG mehrfach klargestellt hat.

Allerdings dürfen diese medienpolitischen Entscheidungen und die Entscheidung über die Finanzausstattung von ARD, ZDF und DLR nicht miteinander verknüpft werden, wie das BVerfG wiederholt entschieden hat. Der Grundsatz der Trennung zwischen der allgemeinen Rundfunkgesetzgebung, wozu der der Reformstaatsvertrag gehört, und der Festsetzung des Rundfunkbeitrags soll Risiken einer mittelbaren Einflussnahme auf die Wahrnehmung des Programmauftrags ausschließen und damit die Programmfreiheit der Rundfunkanstalten sichern.

Besonders kritisch ist, dass die Regelung der Finanzierung des ÖRR in eine ungewisse Zukunft verschoben wird. Wie soll denn der erbetene Reformeifer der Anstalten geweckt werden, wenn ihnen die durch die KEF festgestellten notwendigen Finanzmittel verfassungswidrig verweigert werden und die Anstalten deshalb gezwungen werden, über Gebühr Einsparungen vorzunehmen. Qualitätsverbesserungen anzumahnen und gleichzeitig zum übermäßigen Sparen zu zwingen ist ein Widerspruch in sich!

Der bewusste Verzicht auf eine Entscheidung über die von der KEF empfohlene Beitragserhöhung um 58 Cent ab 2025 ist mit Blick auf die Entscheidung des BVerfG vom 20.7.2021 verfassungsrechtlich unzulässig, zumal den Ländern – wie Aussagen von Frau Raab bei DWDL vom 30.9. und Herrn Haseloff in der FAZ vom 1.10.2024 zeigen – bewusst ist, dass die mit dem Reformstaatsvertrag verbundenen Einsparungen frühestens in 2028-2029 wirksam werden, also den aktuellen, von der KEF festgestellten Finanzbedarf nicht reduzieren.

Die Länder sind als föderale Verantwortungsgemeinschaft zur angemessenen Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verpflichtet und können den Vorschlag der KEF nicht einfach ignorieren, wie das BVerfG klar und deutlich festgestellt hat. Wenn ihnen der öffentlich-rechtliche Rundfunk wirklich wichtig ist, sollten die Länder nicht weiter eine monatliche Beitragserhöhung ab 2025 um den Preis eines Brötchens verweigern, sondern viel mehr der Bevölkerung vermitteln, dass diese für 60 Cent am Tag ein sehr breites, vielfältiges und für unsere Demokratie wichtiges Gesamtangebot der Rundfunkanstalten erhält.

Dann wären auch moderate, nicht einmal die Inflation ausgleichende Anpassungen wie der aktuelle KEF-Vorschlag von 58 Cent fest für 4 Jahre den Bürgerinnen und Bürgern leichter verständlich und akzeptabel zu machen, die ganz andere Preissteigerungen auf vielen Gebieten, gerade auch der Daseinsvorsorge, hinnehmen müssen

Die Konkretisierung des Auftrags mit Blick auf die Stärkung der Interaktion und Partizipation ist grundsätzlich zu begrüßen. Partnerschaften mit Bildungs- und Kultureinrichtungen, insbesondere mit öffentlich-rechtlichen Institutionen sind auch zur Stärkung der Demokratie in einer hochgradig vernetzten Welt sehr wichtig. Deshalb sollte hier ein klargestellt werden, dass die gemeinsame Plattform auch für Partner und für jegliche Kooperationen genutzt werden kann. Dass der Gesellschaftsdialog auf vielen Ebenen und in unterschiedlichen Formaten verstärkt werden soll, ist sehr sinnvoll. Er wird allerdings mit sehr differenzierten quantitativen Leistungsanalysen gleich eingehegt. Hier wäre mehr Freiheit zum Ausprobieren wünschenswert. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass auch qualitative Leistungsanalysen notwendig sind, und insbesondere Wirkungsstudien nur mit wissenschaftlicher Begleitung erfolgen können.

Die Gremien bekommen in diesem Zusammenhang auch eine neue Verantwortung, denn sie geben Leistungsanalysen in Auftrag und werten Sie aus. Sie werden auch am Gesellschaftsdialog teilhaben. Dazu müssen ihnen die Mittel bereitgestellt werden. Letztendlich tragen die Gremien in all den vorgeschlagenen Umstrukturierungen große Verantwortung.

Zum Medienrat sind zumindest einige kritische Fragen anzubringen. Offenbar besteht die Hoffnung, die Kontrolle über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an eine kleine Expertengruppe abgeben zu können. Wollen sich die Länder ihrer Verantwortung für den öffentlich-rechtlichen Mediensektor entziehen?

Ein Medienrat, der über allem schwebt, soll nach Auskunft von Frau Raab den Kontakt zu den Menschen halten, um von außen zu erschließen, ob die Angebote bedarfsgerecht sind. Das aber ist doch eine Aufgabe des Gesellschaftsdialogs. Bei der vorgesehenen Berufung der Mitglieder würde es sicher politisch nicht einfach sein, bei der Berufung alle Fachrichtungen zu berücksichtigen, die Ost-West-Balance einzuhalten und Gendervorgaben zu erfüllen. Wenn die vorhandenen Kontrollgremien angemessen ausgestattet werden, ist kein Zusätzliches Gremium nötig.

Der Titel „Schwerpunktangebote“ verschleiert für interessierte Laien, dass es hier um die Schließung von Programmen und Kanälen geht im Rahmen von Einsparmaßnahmen. Da sollen Ressourcen gebündelt und überführt werden. Rhetorisch wird betont, dass man statt Quantität mehr Qualität erreichen möchte. Wieso denn gerade bei den Qualitätssendern wie 3Sat und Kika und Phoenix gespart werden soll, erschließt sich nicht, zumal es hier essenziell um Vielfaltssicherung geht. Zudem sind die zu erwartenden Einsparungsmöglichkeiten nicht sehr groß.

Wenn die öffentlich-rechtlichen Angebote in den Bereichen Bildung, Dokumentation und Information gestärkt werden sollen – was in diesen Zeiten dringend nötig ist – muss man die Sender in diesen Bereichen nicht mit gewaltigen jahrelangen Umorganisationen beschäftigen und womöglich lahmlegen. Schon die Bildung von „Körben“, in denen sich nur Informationsspartenkanäle, oder nur Bildungsangebote befinden, die untereinander konkurrieren, widerspricht der offiziellen Rhetorik der Qualitätssicherung und der grundgesetzlichen Vielfaltsicherung. Da macht es keinen Sinn ausgerechnet hier Einsparungen vornehmen zu wollen.

III. Zu einzelnen Bestimmungen des Medienstaatsvertrags:

Zu § 28a Reduzierung der Spartenprogramme

Die beabsichtigte Begrenzung der Spartenprogramme widerspricht dem Kultur- und Bildungsauftrag des ÖRR. Gerade in Zeiten von fake news und Verschwörungsinhalten ist es kontraproduktiv, das Informationsangebot des ÖRR, das unterschiedliche Zielgruppen anspricht, in der vorgesehenen Weise zu beschneiden.

Eine Integration von 3Sat in ARTE, wie sie ermöglicht werden soll, allerdings nicht verpflichtend ist, erscheint nicht sinnvoll. Die Länder haben immer wieder den kulturellen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervorgehoben. Dies kommt z.B. bereits in § 26 Absatz 1 und nun auch in § 26a Absatz 4 Ziff. 5 des Entwurfs erneut zum Ausdruck. Mit den beiden Programmen wird der Kultur- und Bildungsauftrag bislang in besonderer und guter Weise erfüllt. Daher sollten die beiden Programme 3Sat und ARTE weiterhin jeweils explizit beauftragt und § 28a Absatz 1 Satz 2 gestrichen werden. Zumindest sollte in Satz 2 das Wort „sollen“, durch „können“ ersetzt werden.

In diesen Zeiten ausgerechnet die demokratierelevanten Informationskanäle zu fusionieren ist hoch problematisch. Das widerspricht der verfassungsmäßig gebotenen Vielfaltsicherung. Angesichts der Notwendigkeit zur Aufdeckung von Falschmeldungen, der immer umfangreicheren Berichterstattung aus den Krisen der Welt und der schwierigen politischen Gemengelage in Deutschland, sind wirklich vielfältige Zugänge wichtig! Phoenix ist der einzige Sender, der Parteitage oder Plenarsitzungen in voller Länge präsentiert. Das sind manchmal Sternstunden politischer Bildung. Außerdem: wie sollte eine Fusionierung an vier Standorten verlaufen in Mainz, Hamburg, Bonn und München? Allenfalls könnten ZDF info und tagesschau 24 fusionieren, aber da sind wir im Kern des Verfassungsauftrages der Vielfalt, der es ermöglichen soll, bei wichtigen Ereignissen von einem zum anderen Sender zu wechseln.

Sinnvoll allerdings sind die Vorschläge, die Kinderangebote nach Altersklassen noch zielgenauer einzurichten und vor allem den Versuch zu unternehmen, junge Menschen besser zu erreichen. KI.KA weist jetzt den größeren Kindern schon den Weg ins Internet, muss aber als Marke bleiben, um besser auffindbar zu sein.

In der Erläuterung zu Absatz 3 werden die Programme ZDFneo und ARD ONE als Programme für Menschen über 30 Jahre erwähnt. Nach Absatz 3 Ziff. 3 sollen ARD und ZDF ein Programm für jüngere Erwachsene gestalten, wobei offenbar an eine Fusion von ZDFneo und ARD ONE gedacht wird. Hier sollte eine stärkere Konkretisierung der inhaltlichen Erwartungen der Länder an ein Programm für Menschen über 30 Jahre erfolgen, denn ARD ONE und ZDFneo bestehen, betrachtet man die Programminhalte einmal über den Zeitraum von einem Monat näher, zu über 90% aus reinen Wiederholungen und sind Abspielkanäle von bereits im Ersten oder Zweiten gesendeten Beiträgen.

Beide Programme haben nichts mehr mit den guten, gerade auf jüngere Menschen zugeschnittenen Programmkonzepten und -profilen zu tun, die ARD und ZDF 2009 zum 12. Rundfunkänderungs-StV vorgelegt haben und die eigentlich auch rechtlich verpflichtend sind, aber seit Langem nicht erfüllt werden. Beide Programme sind in ihrer heutigen Gestaltung verzichtbar. Sie entsprechen allenfalls in einem Umfang von 10 % einem Programm, das sich vom Ersten und Zweiten unterscheidet. Ein Programm für Menschen ab 30 Jahren sind beide nicht und deshalb macht es auch keinen Sinn, diese Programme zu fusionieren, wenn sie nicht mit einem klaren Auftrag der Länder verbunden werden.

Eine gemäß §28a Absatz 4 vorgesehene datumsmäßig verpflichtende Überführung der in Absatz 2 und 3 genannten Programme ab 1.1.2033 ins Internet (als Telemedienangebote) erscheint nicht sinnvoll. Die Worte „spätestens jedoch zum 1.1.2033“ sollten gestrichen werden, da heute nicht schon absehbar ist, ob bis dahin die lineare Nutzung nur noch marginal ist.

Zu § 29 Hörfunkprogramme

Die Reduzierung der Zahl der von ARD bislang veranstalteten über 60 Hörfunkprogramme erscheint nachvollziehbar. Vor allem Programme gleicher Musikfarbe können durch Kooperation zusammengelegt werden.

Es fehlt allerdings an einer Konkretisierung der Inhalte der Hörfunkprogramme. Die Reduzierung der Anzahl darf nicht dazu führen, dass Hörfunkprogramme mit den Inhalten Information, Bildung und Kultur künftig zugunsten von Unterhaltungsprogrammen entfallen. Daher sollte in Absatz 1 nach Satz 1 eingefügt werden: „Die Hörfunkprogramme dienen insbesondere der Information, der Bildung und der Kultur.“

Zu § 30f Gemeinsame Plattform

Es ist sehr zu begrüßen, dass eine allgemeine Plattform für alle öffentlich-rechtlichen Angebote ermöglicht wird. Um ein Gegengewicht zu den amerikanischen Großunternehmen zu schaffen, sollte aber perspektivisch eine Public-Service-Plattform angestrebt werden, die auch Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen beteiligt Es geht hier darum, die Demokratie vor medialen Autokraten zu schützen.

Der Umbruch der Medienlandschaft wird sich nach aller Voraussicht in den nächsten Jahren beschleunigt fortsetzen. Ohne Gegenmaßnahmen werden sich herkömmlichen Medien im „Plattformisierungsprozess“ weder ökonomisch noch publizistisch behaupten können. Warum also – wenigstens als Gegengewicht – nicht eine öffentliche, beitragsfinanzierte Plattform? Vielleicht auch unter Beteiligung von Verlagen und Kultur- sowie Wissenschaftseinrichtungen.

Deshalb wird vorgeschlagen:

  • offene Standards zu schaffen
  • volle Outlink-Freiheit für Content Creatoren
  • Abschaffung aktiver Traffic-Manipulation
  • 30% Marktanteilsobergrenzen in demokratierelevanten Kategorien
  • Trennung von Kanal und Inhalt, Öffnung für Drittanbieter
  • Overside Boards. (Martin Andree: BIGTECH MUSS WECH; Ffm, New York 2023).

Eine Public-Service-Plattform hätte beispielhaft folgende Vorteile:

  • In Ergänzung zu den Medien-Oligopolisten, könnte ein über eine „Demokratieabgabe“ finanzierte Internetplattform auf den Verkauf von Daten verzichten.
  • Ein solches Public Value-Internetangebot könnte staatsfern von gesellschaftlichen Gruppen kontrolliert werden und demokratische Teilhabe ermöglichen.
  • Es könnte gemeinwohlorientiert, unabhängig und identitätsstiftend ausgerichtet und dem Wahrhaftigkeits- und Achtungsgebot sowie zur Einhaltung journalistischer Grundsätze verpflichtet werden.
  • Ein solcher öffentlich-rechtlicher Netzauftritt könnte durch einen gesellschaftlichen Inte-grationsauftrag der Spaltung der Öffentlichkeit und darüber hinaus Hassreden und
    Verschwörungsdenken entgegenwirken.
  • Eine solche Plattform könnte mit dem Versprechen an die Nutzer verbunden sein, dass die Daten geschützt und die Algorithmen transparent gemacht würden. Immerhin bestünde dann eine demokratischere Alternative zu den Internetoligopolisten und ein Angebot für eine informative Grundversorgung.

§ 30 Absatz 7 Presseähnlichkeit

Die Verschärfung des Verbots der Presseähnlichkeit der Angebote des ÖRR im Internet ist abzulehnen. Das Verbot widerspricht in besonderem Maße dem Auftrag des ÖRR, alle gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen. Gerade unter jüngeren Menschen spielen die online Angebote zu politischen Themen eine immer größere Rolle. Es ist daher kontraproduktiv, öffentlich-rechtliche Textangebote einzuschränken und Nutzungsgewohnheiten dieses Publikums zu missachten.

Hinzu kommt, dass der Begriff der Presseähnlichkeit schon immer schillernd und zu unkonkret ist. Vor allem aber passt das Verbot nicht mehr in unsere Zeit. Gerade in Zeiten von Fakenews, massiver Beeinflussung der Meinungsbildung durch das Internet ist es abwegig, Textangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch mehr als bisher für unzulässig zu erklären. Sie dienen gerade auch der seriösen und zuverlässigen Information und gehören inzwischen durch die veränderte Mediennutzung zum Grundversorgungsauftrag, wie der frühere Präsident des BVerfG, Hans-Jürgen Papier, schon 2010 im Gutachten „Zur Abgrenzung und Auslegung des Begriffs der Presseähnlichkeit“ festgestellt hat.

Wie die aktuelle eco-Umfrage zeigt, informieren sich immer mehr Menschen über politische Themen über das Internet. Online-Angebote sind also bei der politischen Meinungsbildung immer relevanter und spielen eine entscheidende Rolle. Es ist daher absurd, Texte auf öffentlich-rechtlichen Angeboten derart einzuschränken, während private Online-Angebote längst crossmedial und voll mit Video- und Audioinhalten sind. Insbesondere, um junge Menschen zu erreichen, muss man auf ihre Lesegewohnheiten eingehen.

Zum anderen ist das Ziel, mit diesem Verbot die Presse zu schützen, nicht zu erreichen. Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Textangebote von ARD, ZDF und DLR die Wirtschaftlichkeit der Presse und ihrer Onlineangebote tangieren. Vorliegende Gutachten belegen das Gegenteil. Dass der BDZV ohne Belege etwas anderes behauptet, darf die Länder nicht zu der vorgesehenen Regelung veranlassen. Es besteht auch kein Grund, vor der EU-Kommission wegen des laufenden Verfahrens einzuknicken. Das Verbot der Presseähnlichkeit darf nicht noch verschärft werden; es gehört ganz gestrichen-

Zu § 35 Absatz 5 Sportrechtekosten

Der hohe Gesamtaufwand für Sportübertragungen sollte insgesamt begrenzt werden. Neben den Sportrechtekosten fallen auch hohe weitere Kosten für Produktion, Technik, Personal, Honorare sowie Gemeinkosten bei Sportsendungen an. Daher erscheint eine auch prozentmäßige Begrenzung auf maximal 10 % sinnvoll und erforderlich, da diese Kosten seit Jahren ständig ansteigen. Deshalb sollte in Satz 1 hinter dem Wort „Mittel“ in Klammern eingefügt werden „(Vollkosten)“. Diesen Begriff verwendet auch die KEF.

Dass die Sender nicht ganz ehrlich mit ihren tatsächlichen Sportkosten umgehen, zeigen die aktuellen Berichte über Differenzen bei den Angaben der Sportkosten des ZDF (siehe epd medien vom 4.10.2024 „Ein Sender zwei Zahlen“). Während das ZDF die durchschnittlichen Kosten im Zeitraum 2020-2023 mit 207 Mio. € p.a. angibt, weist die KEF allein für 2022 die Kosten für den Bereich Sport beim ZDF mit 354,5 Mio.€ aus.

Sofern der eingeklammerte Satz 2 bestehen bleibt, sollten aus dem gleichen Grund die Worte „Aufwand für den Erwerb von Übertragungsrechten für Sportereignisse“ durch „Aufwand (Vollkosten) für die Produktion und Ausstrahlung von Sportereignissen“ ersetzt werden.

IV. Zu den Bestimmungen des ARD-Staatsvertrags

Es ist zu begrüßen, dass der bislang konturen- und weitgehend inhaltslose ARD-Staatsvertrag nun deutlich erweitert und Konkretisierungen der Zusammenarbeit der Landesrundfunkanstalten und der Gremienkompetenzen vorgenommen werden. Auch die verstärkte Zusammenarbeit mit ZDF und DLR (§3 Absatz 2) ist sinnvoll.

Zu § 4 Federführungen

Das schon lange in der ARD geübte Federführungsprinzip hat den Nachteil, dass Federführer nur Vorschläge machen können, die dann von den anderen Anstalten angenommen werden können oder auch nicht. Es hat daher bislang keine rechtliche Verbindlichkeit und hat nicht zum relevanten Abbau von Mehrfachstrukturen geführt. Insofern ist zu begrüßen, dass es jetzt staatsvertraglich verankert und eine Verpflichtung zur Nutzung der durch die federführende Anstalt erbrachten Leistungen vorgeschrieben wird. Nur so macht ein Federführungsprinzip Sinn.

Zu § 6 ARD-Vorsitz

Die Vorsitzzeit wird nun auf 2Jahre festgelegt, dem bisher üblichen Zeitraum. Ob die Festlegung von 2 stellvertretenden Anstalten sinnvoll ist, erscheint fraglich. Es erscheint sinnvoller, den Zeitraum auf 4 Jahre festzulegen, da damit vermieden wird, das immer wieder Einarbeitungszeiten und auch personeller und Sachaufwand bei Übernahme des Vorsitzes entstehen, wie dies bislang der Fall ist. Im Übrigen lassen sich in 2 Jahren nur wenig substantielle Ziele des Vorsitzes umsetzen, wie die Vergangenheit gelehrt hat.

Für das in Absatz 3 genannte gemeinsame Büro sollte geregelt werden, dass dieses mit angemessenen personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet wird, so wie dies für die Gremienbüros der Landesrundfunkanstalten vorgeschrieben ist.

Zu § 8 Gremienvorsitzendenkonferenz

Die Bestimmung über die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) ist sinnvoll, weil sie eine bislang bestehende Lücke im ARD-Staatsvertrag schließt und der GVK nun eine eigene Zuständigkeit verschafft, die sie bisher nicht besitzt.

Nach der vorgesehenen Regelung soll sie allerdings nur beratende Funktion und keine Entscheidungskompetenz erhalten, was ihre Funktion weiterhin schwächt. So hat der bisherige „Programmbeirat Erstes Deutsches Fernsehen“ auch nur eine beratende Rolle und seine Beratung hat seit jeher nur eine außerordentlich bescheidende Wirkung auf den Inhalt des Ersten.

Wenn die GVK auch auf den Inhalt der gemeinschaftlichen Angebote der ARD und deren Finanzierung haben soll, benötigt die GVK hierfür eine konkrete Kompetenz bzgl. der Verwendung der von den Landesrundfunkanstalten im Rahmen ihrer von den Rundfunkräten genehmigten Etats für die gemeinschaftlichen Angebote zur Verfügung gestellten Finanzmittel. So wie die Rundfunkräte der ARD-Anstalten über die Etats ihrer Anstalt entscheiden und z.B. Etatansätze des Intendanten ändern können (etwa mehr Mittel für Dokumentationen als für Krimis festlegen), sollte auch die GVK eine entsprechende Kompetenz für die Verwendung der für die gemeinschaftlichen Angebote zur Verfügung stehenden Mittel erhalten. Nur dann kann die GVK den Einfluss nehmen, den die Rundfunkräte der ARD-Anstalten schon immer auf den Etat ihrer jeweiligen Anstalt haben. Derzeit entscheiden über die Inhalte und die konkrete, genrebezogene Mittelverwendung der gemeinschaftlichen Angebote keine Gremien, sondern für das Erste und die ARD-Mediathek die Programmdirektorin Erstes Deutsches Fernsehen und für die anderen gemeinschaftlichen Angebote die Exekutive der für das Angebot zuständigen Anstalt, nicht deren Gremien.

Da die Länder im 3. MedÄStV die Kompetenzen der Gremien bewusst gestärkt haben, sollte auch für die Inhalte und die Mittelverwendung für die gemeinschaftlichen Angebote eine Gremien-Entscheidungskompetenz geschaffen werden, dafür eignet sich die GVK. Nur dann können auch die Qualitätsrichtlinien (§ 31 Absatz 4 MedStV) wirksam kontrolliert umgesetzt werden. Daher sollte in § 8 nach Absatz 1 folgender neuer Absatz eingefügt werden:
„Die Gremienvorsitzendenkonferenz beschließt über die genrebezogene Mittelverwendung der von den Landesrundfunkanstalten für die gemeinschaftlichen Angebote zur Verfügung gestellten Finanzmittel.“

Mit dieser Formulierung bleiben die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Gremien der ARD-Anstalten unberührt.

Zu § 9 Aufsicht

Hier wäre zu überlegen, ob in Absatz 1 nicht besser die GVK als Aufsichtsinstanz vorzusehen ist als die Gremien der geschäftsführenden Anstalt, die ja nach dem Entwurf alle 2 Jahre wechseln.

V. ZDF Staatsvertrag

Das ZDF hat bisher eine reine Intendantenverfassung, daher ist es zu begrüßen, dass im Entwurf ein Direktorium vorgesehen ist. Die Regelungen dazu sind allerdings sehr kleinteilig und bürokratisch.

Der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk Köln (IÖR) fordert in einer „Stellungnahme zur aktuellen Medienpolitik der Länder und wie der öffentlich-rechtlichte Rundfunk auf die Gefährdung unsere Demokratie reagieren sollte“ die Länder auf, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als tragende Säule des Mediensystems zu stärken und seine verfassungsgemäße Finanzierung zu gewährleisten. Zugleich empfiehlt der Verein den Sendern, mehr Public-Value-Angebote zu machen, um einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten.

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Wie könnte eine demokratische Alternative zur Macht der digitalen Medienmonopole aussehen?

von Wolfgang Lieb

Seit 1989, als Tim Berners-Lee das World Wide Web erfunden hat, erleben wir einen grundlegenden Wandel des Mediensystems, der in seiner Qualität eigentlich nur noch mit der Erfindung des Buchdrucks zu vergleichen ist.

Zwar weichen die Angaben über die Mediennutzung, über die Reichweite und über die Wirkung der einzelnen Medien je nach Untersuchung deutlich voneinander ab, aber die Tendenz ist eindeutig: Vor allem, wenn man auf die nachfolgenden Generationen schaut, verlieren die klassischen Medien, insbesondere die Zeitungen, aber auch das programmgebundene, lineare Radio und das das öffentlich-rechtliche wie das private Fernsehen dramatisch an Bedeutung, zumal für die Verbreitung von Informationen, während das Medium Internet als Kommunikationsplattform sowohl im Hinblick auf

  • die Nutzungsmöglichkeiten,
  • die Nutzungszeit als auch hinsichtlich
  • des Meinungsbildungsgewichts kontinuierlich zunimmt,

ja inzwischen sogar die Führungsrolle übernommen hat.

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Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk kritisiert Ablehnung einer möglichen Beitragserhöhung durch Ministerpräsidenten

Nachdem kürzlich inoffiziell bekannt wurde, dass die KEF vermutlich eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags von 58 Cent vorschlagen könnte, konterten viele Ministerpräsidenten umgehend, dass für sie nur „Beitragsstabilität“ in Frage käme. Schon bevor die KEF überhaupt an Ihre Arbeit ging, verkündeten mehrere Ministerpräsidenten, man wolle auf keinen Fall eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zulassen. Das kann man auch als den Versuch der Einflussnahme auf eine verfassungsgemäß unabhängige Einrichtung interpretieren. Schon vor dem KEF-Vorschlag eine Beitragsanhebung auszuschließen war offensichtlich verfassungswidrig.

Vollständiger Text der Stellungnahme des Initiativkreises bei medienpolitik.net

Gemeinsam mit annähernd 30 anderen Verbänden hat der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk einen offenen Brief an die Rundfunkkommission der Länder unterzeichnet.

Es kann nicht sein, dass die Medienpolitik ausgerechnet bei der dringend notwendigen Reform der ö/r Anstalten, die wir für den Erhalt und die Förderung unserer Demokratie als essentiell erachten, einen Dialog auf Augenhöhe mit Programm- und Medienmacher*innen für überflüssig hält.

Als breite Allianz aus Medienschaffenden und zivilgesellschaftlichen Kräften können wir konstruktive und kritische Unterstützung leisten, ohne die eine Reform der Anstalten kaum gelingen kann. Das geschieht nicht in Konkurrenz zu dem jüngst eingesetzten „Zukunftsrat“, sondern diesen ergänzend.

Wir sind überzeugt: Unsere ö/r Medien werden nur auf einer breiten Legitimationsbasis bestehen können. Daher wollen wir diesen Prozess gemeinsam verbessern und verstetigen.

Im Mai 2023 haben wir uns mit einem Offenen Brief (als pdf zum Download) an alle Mitglieder der Rundfunkkommission gewandt, um hier endlich einen Schritt weiterzukommen.

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Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal

Der dritte Medienänderungsstaatsvertrag beauftragt die Gremien im Zuge der Flexibilisierung mit ganz neuen Aufgaben und Befugnissen. Der vierte Medienänderungsstaatsvertrag, der Regelungen für Transparenz und Compliance enthält, befindet sich im Anhörungsverfahren. Die ARD-Sender sind dabei, ihre Zusammenarbeit im Bereich Organisation und Finanzverwaltung zu verstärken und einheitliche Verwaltungssoftware einzuführen. Es ist also Bewegung in den Sendern und in der Medienpolitik. In der Öffentlichkeit müssen sich die öffentlich-rechtlichen Sender nach wie vor rechtfertigen, wie sie mit dem Geld der Beitragszahler umgehen und wozu die öffentlich-rechtlichen Medienangebote überhaupt notwendig sind. Selbst runde Tische werden gefordert, um über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien ganz neu nachzudenken. Mit ersten Positionspapieren ist die Debatte eröffnet. In dieser Situation möchte der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk Köln e.V. sich einschalten in die anlaufende Debatte. Einige Vorschläge erfordern einen neuen Staatsvertrag, aber Vieles ließe sich einfach vertraglich regeln.

1. Der ÖRR als Garant für das duale System

In langjähriger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Funktionsauftrag des ÖRR definiert als dienende Freiheit, die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung garantiert und damit eine Grundvoraussetzung für die Demokratie darstellt. Der ÖRR ist kein Lückenfüller auf privat dominierten Medienmärkten, im Gegenteil: die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geht davon aus, dass die andere Seite des dualen Systems mit kommerziellen Interessen und den geringeren inhaltlichen Anforderungen überhaupt erst vertretbar ist, wenn der ÖRR seine verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag erfüllt. Er stellt ein unabhängiges, vielfaltsicherndes, Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht dar gegen Gefahren der Manipulation und Kommerzialisierung. Er eröffnet damit den Markt für private An- bieter und ist bei wichtigen Sendeinhalten Voraussetzung zur Marktteilhabe privater Anbieter. Insoweit erfüllen einige der vorliegenden Reformvorschläge nicht die langjährigen verfassungsrechtlichen Vorgaben. Insbesondere in gesellschaftlich schwierigen Zeiten, in denen die Grundlagen der Demokratie angegriffen werden, Fake News und soziale Medien dazu beitragen, die Gesellschaft zu spalten, sind wir auf unabhängige, glaubwürdige, professionelle Information, Berichterstattung und Einordnung angewiesen.

2. Keine Fusion von ZDF und Das Erste

Vor einer Zusammenlegung von ARD und ZDF sei gewarnt, denn gutes Management basiert auf unterschiedlichen Unternehmenskulturen, und die lassen sich nicht ohne weiteres angleichen. Vor allem würde das Vielfaltsgebot missachtet. Wahrscheinlich wäre auch das Gebot der Verfassungsrechtsprechung verletzt, dass ein umfassendes öffentlich-rechtliches Angebot die Voraussetzung für die Zulassung von privaten Anbietern ist. Insofern sind einige Vorschläge wohl kaum verfassungskonform. In einem Rechtsstaat kann man erwarten, dass langjährige verfassungsrechtliche Vorga- ben von allen politischen Parteien und wirtschaftlichen Kräften beachtet werden. Auch innerhalb des öffenlich-rechtlichen Systems ist programmliche Konkurrenz höchst sinnvoll, was wir in der Berichterstattung aus Krisengebieten schätzen. Die beiden Systeme sollten allerdings im Ersten und Zweiten ihr lineares Angebot deutlich verbessern; es gibt zu viel vom Selben. Dazu sei daran erinnert, dass es in den Anfängen des ZDF einmal eine staatsvertragliche Koordinationsverpflichtung zwischen dem Erstem und dem Zweiten gab, die besagte, dass zur gleichen Sendezeit unterschiedliche Genres im Programm bedient werden müssen. Nach dem Moma-Prinzip könnten zudem das Erste und das ZDF in stärkerem Maße kooperieren. Bei der Übertragung von Sportereignissen wechselt man sich inzwischen schon ab. Das könnte auch bei internationalen Großereignissen wie der Beerdigung einer beliebten Monarchin geschehen.

3. Qualitätssicherung im linearen Angebot

Noch haben die linearen Angebote im Fernsehen hohe Bedeutung, wie die jüngste Massenkommunikationsstudie von ARD und ZDF belegt; sie erreichen täglich viele Millionen Zuschauer. Es ist daher falsch, das Lineare kontinuierlich auszudünnen und alles – auch die Finanzmittel – auf online zu setzen. Notwendige Sparmaßnahmen könnten im Bereich der hochpreisigen Sportberichterstattung getroffen werten. Der Integrationsauftrag des ÖRR lässt sich schwerlich nur online erfüllen, sondern gera- de auch im Linearen, das selbst nach Auffassung des ÖRR noch längere Zeit hohe Bedeutung hat. Deshalb ist die vor allem von der ARD unter der Parole Online first angestrebte Ausdünnung des Linearen strategisch falsch und entspricht auch nicht dem Auftrag. Linear und nonlinear haben auf absehbare Zeit beide ihre Berechtigung.

4. Erwartungen an das öffentlich-rechtliche Angebot

Der ARD-Zukunftsdialog hat deutlich gezeigt, dass die Nutzer*innen mehr Information, mehr Hintergrundberichte, Dokumentationen und Erklärungen zu den immer komplexer werdenden Themen unserer Welt und Zeit wünschen. Diese Genres müssen die beiden Hauptfernsehprogramme sehr viel umfangreicher abbilden und damit mehr als bisher zur Meinungsbildung und zum Diskurs beitragen. Und das darf nicht am späten Abend sein, sondern zu deutlich früheren Sendezeiten. Die Anzahl der Talkshows könnte sicher reduziert werden. Statt immer wieder dieselben Politiker und Journalisten einzuladen, könnte durch Wissenschaftler, Mitglieder von NGOs, Bürgerinnen und Bürger u.a. deutlich mehr zum öffentlichen Diskurs beigetragen werden. Mehr konstruktiver Journalismus ist wünschenswert, der nicht nur als kritischer Begleiter agiert, sondern auch Lösungswege aufzeigen und die Menschen dazu ermutigen und aktivieren kann. Viel Fiktionales, vor allem Krimis könnten gut in die Mediathek verlegt werden. Es sollten aber vor allem auch kuratierte Dokumentationen mit entsprechenden Suchfunktionen in den Mediatheken auffindbar sein.

5. Kooperation und Kompetenzzentren in der ARD

In der ARD muss in stärkerem Maße kooperiert werden nicht nur in Verwaltungsangelegenheiten. Auch die historisch gewachsene regionale Struktur der Sender und Einrichtungen sollte auf die Zukunftsfähigkeit hin geprüft werden. Die bundesweite Verzahnung von Schwerpunkten und Kompetenzzentren, wie sie Frau Wille vorgeschlagen hat, wäre in hohem Maße qualitätssichernd. Es ist wenig sinnvoll, wenn jeder Sender seine Wissenschaftsberichterstattung selber bastelt. Kompetenzzentren für medizinisches, ökonomisches, juristisches, naturwissenschaftliches und historisches Fachwissen, das nicht regional gebunden ist, würden sicher der Qualität und Aufbereitung der Themen zugute kommen.

6. Kulturauftrag und Integration neu definieren

Es ist bedauerlich, wie leichtfertig gefordert wird, an den Orchestern und Chören zu sparen. Offensichtlich wird nicht beachtet, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in einigen Regionen zu den wichtigsten tragenden Kulturproduzenten zählen, oft in Kooperation mit anderen Kultureinrichtungen. Vor allem aber wird offenbar nicht genü- gend gesehen, welche kulturellen Anstrengungen gemacht werden müssen, die Gesellschaft zusammen zu halten, Extremisten entgegen zu wirken, immer wieder zur Aufklärung und Toleranz beizutragen und auch um Eingewanderte zu integrieren. Weitere mehrsprachige Angebote sind dringend nötig, aber die Sprache der Musik versteht man auch intuitiv. Der ÖRR leistet z. B. mit Rundfunkbeiträgen einen wesentlichen Beitrag dafür, dass Deutschland als Musikland Nr. 1 gilt. Die Ausweitung der Kooperation mit Kultureinrichtungen wie Museen und Theatern wäre wünschenswert in Hinblick gemeinsame Projekte ebenso wie mit Blick auf die Weiterentwicklung der Mediatheken hin zu einem gemeinwohlorientierten Netzwerk. In dem Zusammenhang ist auch wünschenswert, der bildenden und gestaltenden Kunst mehr Raum zu geben im linearen Angebot wie auch in den Mediatheken.

7. Das Online-Potenzial nutzen: Kooperation mit Bildungseinrichtungen

Medienkompetenzförderung ist in Zeiten problematischer Nutzung sozialer Medien und oligarchischer, willkürlicher Angebotsstrukturen im Bereich der Intermediären Dienste dringend nötig. Kompetente Mediennutzung und die Fähigkeit zur unabhängigen Meinungsbildung muss gefördert werden. Faktencheks werden immer wichtiger. Es wäre auch sinnvoll, den Kulturauftrag in diesem Sinne neu zu fassen und die Mediatheken als Archiv und Gedächtnis der Gesellschaft auszubauen. Der ÖRR könnte auch dazu beitragen, das Digitalisierungsdefizit in Deutschland zu reduzieren in Kooperation mit Schulen, Hochschulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. Angesichts der Probleme mit den internationalen Plattformen, die sich nur mühsam an europäisches Recht gewöhnen wollen, erscheint es immer plausibler, eine deutsche Plattform anzustreben, auf der auch die politischen Debatten geführt werden könnten.

8. Public Value sichtbar machen

Der ÖRR müsste den Public Value viel sichtbarer machen, z.B. Werbung für seine guten Leistungen für ganze 60 Cent am Tag machen und durch Crosspromotion auf sein breites Gesamtangebot hinweisen. Immer nur Trailer im Ersten fürs Erste auszustrahlen und dann meist für Krimis, enthält den Zuschauern vor, welche guten Angebote in den anderen Programmen oder in den Mediatheken existieren. Im Eigeninter- esse sollten die öffentlich-rechtlichen Sender viel mehr aufklären, wie das duale Sys- tem funktioniert, und welche Leistungen sie selbst für unterschiedliche Zielgruppen erbringen – wie z.B. Funk und KIKA. Das gilt insbesondere auch für das Zusammen- spiel der Medien, quasi als vierte Gewalt, mit anderen demokratischen Institutionen. Die Art, wie im ORF Public Value diskutiert und dargestellt wird, könnte man sich zum Vorbild nehmen. In diesen schwierigen Zeiten wäre es sehr angebracht, nicht nur über die aktuelle Politik zu berichten, sondern ganz grundsätzlich die Demokratie zu stützen, demokratische Prozesse immer wieder zu erklären und über Gewaltenteilung und Informationsfreiheit aufzuklären.

9. Transparenz und Nähe zu den Nutzern

Transparenz auf allen Ebenen zu fordern gilt schon fast als Mantra, muss aber offensichtlich immer gefordert werden. Zuschauerbefragungen und Dialoge mit den Nutzerinnen und Nutzern sollten in regelmäßigen Abständen stattfinden und ausgewertet werden. Nicht nur die Ergebnisse sollten publiziert werden, sondern auch geplante Veränderungen und Reaktionen auf Publikumswünsche.

Besonders wichtig erscheint uns aber auch, den Nutzerinnen und Nutzern Gelegenheit zu geben auf Einblick in die Arbeit – auch im medienpädagogischen Sinn. Viel mehr Publikumskontakt in Sendungen vor Ort wären sinnvoll und könnten auch zur Erdung der Verantwortlichen beitragen. Und schließlich könnten auch die Rundfunkräte vermehrt Publikumskontakte suchen, zum Beispiel zu Gesprächsrunden einladen, um in der Öffentlichkeit ihre Arbeit sichtbar werden zu lassen und das Gespür für die Meinungen und Wünsche des Publikums zu schärfen.

10. Mitbestimmung der Redakteure als Vielfaltsgarantie

Nicht in jeder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gibt es Redaktionsstatute, und die bestehenden Statute sind in ihren Formulierungen nicht mehr zeitgemäß. Der Programmauftrag wird grundsätzlich durch die berufliche Qualifikation der journalistischen Mitarbeiter erfüllt. Zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit muss auch für die Online-Medien sichergestellt sein, dass die Programmverantwortung bei den journalistischen Mitarbeitern liegt. Viele organisatorische und strukturelle Veränderungen haben dazu geführt, dass es oft keine eindeutigen Zuordnungen mehr gibt. Die Gesamtverantwortung der Intendantinnen und Intendanten kann das nicht für eine Institution leisten, die Medium und Faktor des Prozesses der freier Meinungsbildung ist und damit Sache der Allgemeinheit. Bisher sind die Intendantinnen und Intendanten allein rechtlich Vertreter und Inhaber der Rundfunkfreiheit. Das muss überdacht werden.

11. Abkehr von der Intendantenverfassung

Die historisch gewachsene Intendantenverfassung muss in Frage gestellt werden. Als die ersten Sendeanstalten mit einem Radioprogramm herauskamen, war die Analogie zum Theaterintendanten passend. Heute wird die Fiktion der Verantwortlichkeit für alles zum Problem. Im Bereich der Hochschulen hat die Überführung der alten Verfassung, die auf der Leitungsebene nur einen Rektor und dessen Stellvertreter vorsah, in eine Rektorats – oder Präsidialverfassung mit Vizepräsidenten und Fachprorektoren überhaupt erst ein effektives Hochschulmanagement möglich gemacht. Auch für die Leitung von Sendeanstalten empfiehlt sich eine Teamstruktur mit Verantwortlichkeiten für die unterschiedlichen Ressorts und gemeinsamer Beschlussfassung ähnlich einem Vorstand eines privaten oder gemeinnützigen Unternehmens.

12. Institutionalisierung und Professionalisierung der GVK und Stärkung der Kontrollgremien

Die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD ist nach der ARD-Satzung nur beratend tätig. Der Programmchefin des ersten Programms steht damit keine wirksame Gremienkontrolle gegenüber. Das muss sich ändern. Ähnlich wie bei den Rundfunkräten und den Verwaltungsräten braucht die GVK klare Regelungen für ihre Aufgaben und Befugnisse. Auch ein Etat muss vorgesehen werden, damit professionelle Beratung in Anspruch genommen werden kann. Über die Zusammensetzung der Kontrollgremien sollte neu nachgedacht werden. Wünschenswert wäre es, wenn im ZDF die An- zahl der Mandate aus der Politik reduziert würde. Die derzeitige Zusammensetzung entspricht zwar gerade den Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht gezogen hat, aber eine klare Trennung von Exekutive und Berichterstattung wäre sinnvoll.

Die Rundfunkkommission der Länder hat sich kürzlich darauf verständigt, dass sie einen Zukunftsrat einsetzen will, der Empfehlungen für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erarbeiten soll. Doch in der Diskussion über die Reform der Sender kommt die Frage nach den Inhalten viel zu kurz, findet IöR-Mitglied Jürgen Betz. Viel wichtiger als eine AG Digitale föderale ARD, die die Intendanten im September 2022 beschlossen haben, wäre seiner Meinung nach eine AG Inhalte.

Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

  1. Flexibilität im verfassungsrechtlichen Rahmen
    Der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk Köln, der sich seit langem mit den Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschäftigt, begrüßt grundsätzlich, dass den öffentlich-rechtlichen Medien für die digitale Transformation flexible Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden. Angesichts der rasanten Entwicklungen im Bereich der privaten Medien, insbesondere auch auf den internationalen Plattformen ist Flexibilisierung die richtige Strategie. Allerdings bedarf es einer adäquaten Ausstattung und eines Rechtsrahmens, der es den öffentlich-rechtlichen Sendern ermöglicht, mit medialen, sozialen und technischen Entwicklungen Schritt zu halten. Nur wenn dies gewährleistet ist, können öffentlich-rechtliche Medien ihren verfassungsrechtlichen Auftrag als Gegengewicht zu privatwirtschaftlichen, kommerziellen Angeboten erfüllen und ihren verfassungsrechtlich fundierten Beitrag zur Funktionsfähigkeit unserer Demokratie leisten.

So sehr gesetzliche Flexibilisierung des Programmauftrags grundsätzlich zu begrüßen ist, seine im Entwurf vorgesehene gesetzliche Ausgestaltung wird dem gesetzgeberischen Anspruch, die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Systems in einem sich verändernden medialen Umfeld sicherzustellen, schon deshalb nicht gerecht, weil sie ersichtlich von der finanziellen Erwägung getragen ist, den Rundfunkbeitrag stabil zu halten. Die Regelung in § 32a Abs. 6, wonach durch die Wahrnehmung der neu eröffneten programmlichen Möglichkeiten für die Anstalten kein finanzieller Mehrbedarf entstehen darf, bringt dies deutlich zum Ausdruck. Die Regelung steht damit im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach sich die Ausgestaltung des Programmauftrags allein am verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auszurichten hat. Finanzielle Erwägungen sind in diesem Kontext sachfremd, denn die Finanzierung folgt dem Programm und nicht umgekehrt.

Die Regelung in § 32 a Abs.6 würde deshalb einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten.
§ 32 a Abs. 6 ist daher ersatzlos zu streichen.

  1. Teilnahme an der Informationsgesellschaft
    Die Teilhabe aller Bevölkerungsgrupppen an der Informationsgesellschaft zu ermöglichen, ist ein wichtiger und richtiger Teil des Auftrags und erfordert auch medienpädagogische Kompetenzen und Aktivitäten.
    Wir schlagen daher vor,  § 26 Absatz 1 Satz 6 wie folgt zu ergänzen:
    „….ermöglicht werden; dazu gehört auch medienpädagogische Unterstützung.
  2. Schutz der demokratischen Ordnung als Auftrag
    Angesichts der weltweit festzustellenden Bedrohungen von demokratischen Grundwerten und allgemeinen politischen Entwicklungen, in denen die demokratische Grundordnung und deren Werte von manchen in Frage gestellt werden, sollte der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechend der Rechtsprechung des BVerfG auch den Schutz der Verfassung umfassen. Schon vor über 70 Jahren haben der erste hessische Ministerpäsident Martin Stock und Carlo Schmid folgendes, unverändert Aktuelles erklärt:
    Stock bei Gründung des Hessischen Rundfunks:„Hüten Sie aber auch den Äther, eines der heiligsten Güter eines Volkes; vor allem die Freiheit, unter der Sie selbst arbeiten können! Schenken Sie dem Geist der Freiheit und Demokratie Gehör. Wenn Sie einem Geist Gehör schenken, der Freiheit und Demokratie töten will, müssen Sie wissen, dass Sie sich und Ihrem Volke damit den Untergang bereiten. Sie dienen keiner Partei, Sie dienen keiner Sekte, Sie dienen keiner Gruppe von Parteien, Sie dienen dem ganzen Volke. Ihr schärfster Kampf muss daher denen gelten, die die demokratische Freiheit und den Frieden der Welt zu stören versuchen.“ Carlo Schmid: „Die Demokratie sollte nicht zu schwach, sondern wehrhaft sein und auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen, um sie umzubringen.“

Daher sollte § 26 Absatz 2 Satz 1 wie folgt ergänzt werden: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind bei der Erfüllung ihres Auftrags der verfassungsmäßigen Ordnung,
deren Schutz und hohen journalistischen Standards,….“

  1. Unterhaltung
    Der Auftrag, neben Kultur, Bildung, Information und Beratung auch Unterhaltung anzubieten, wird in dem Diskussionsentwurf in Frage gestellt. Dass Unterhaltung dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechen muss, ist keine Frage. Bei einer Einschränkung geben wir aber zu bedenken: Das junge unterhaltungsaffine Publikum kann oft nur auf diesem Weg erreicht werden. Zudem ist der Unterhaltungsbegriff unbestimmt. Es besteht mit der Eingrenzung auch die Gefahr, dass am Ende vor Gerichten geklärt werden müsste, was als Unterhaltung mit öffentlich-rechtlichem Angebotsprofil gelten soll.
  2. PHOENIX und KIKA noch beauftragen
    Begründung:
    PHOENIX hat sich gut etabliert und ist für aktuelle Berichterstattung unersetzlich. Phoenix überträgt politische Ereignisse direkt und live aus dem Bundestag oder den jeweiligen Orten des Geschehens. So kann sich jeder und jede selbst ein Bild machen und teilhaben an demokratischen Prozessen. Im Anschluss bietet PHOENIX im Unterschied zu manch anderen Kanälen verlässliche Anregungen zur Reflektion und Einordnung.

KIKA Die Nichtbeauftragung von KIKA birgt die Gefahr, dass Angebote für Kinder vollständig in das nicht-lineare Programm überführt werden, und damit gerade Kindern aus sozial benachteiligten Familien der Zugang zu kindgerechten Angeboten versperrt wird. Wie insbesondere auch die Landesanstalt für Medien (NRW) durch ihre Untersuchungen und Angebote belegt, brauchen Kinder für den Umgang mit dem Internet ein hohes Maß an elterlicher Anleitung und Fürsorge und damit einen Kenntnis- und Wissensstand der Bevölkerung, den der Gesetzgeber bei der Novellierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht voraussetzen kann und darf. Zudem haben die Erfahrungen mit dem Homeschooling während der Pandemie gezeigt, dass Kinder in vielen Haushalten gar nicht über eigene internetfähige Endgeräte verfügen.

  1. Öffentlich-rechtliche Plattform
    In § 30 Absatz 1 ist die Rede von einer gemeinsamen Plattformstrategie für die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio. Näheres wird dazu nicht gesagt. Da wir weder eine deutsche noch eine europäische Plattform haben, die auch nur annähernd als Alternative zu den Plattformen der internationalen Medienkonzerne gelten könnten, ist die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Plattform sinnvoll.
    Das setzt jedoch erhebliche zusätzliche Förderung voraus. Es sollte in Erwägung gezogen werden, ob eine öffentlich-rechtliche Plattform nicht auch für Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen offen stehen könnte. Die Kulturpartner der Sendeanstalten wären vermutlich sofort zur Kooperation bereit.
  2. Verweildauerfrist
    In § 30 Absatz 2 wird die Verweildauerfrist in den Mediatheken geregelt. Wir schlagen vor, die Verweildauerfrist frei zu geben.
    Dafür sprechen folgende Argumente:
    Es gibt öffentlich-rechtlich „Schätze“, die der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich gemacht werden sollten. Aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsrechte und der geforderten Plattformstrategien werden sich unterschiedliche Verweildauern ohnehin einpendeln. Nutzerinnen und Nutzer sind es aus den privaten Medien gewohnt, Angebote länger vorzufinden und verstehen nicht, warum Sendungen, die mit „ihrem“ Rundfunkbeitrag finanziert wurden, nicht mehr zur Verfügung stehen.
  3. Ausstattung der Gremien
    Dass nach §31 Absatz 2 a in Zukunft die Festsetzung von Zielen und die Beurteilung der Einhaltung von Zielvorgaben sowie die Schließung von Kanälen durch die Gremien erfolgen sollen, stellt diese vor neue Aufgaben. Unabhängige Wissenschaftler*innen sind mit der Begleitung zu betrauen, und auch die Gremien müssen institutionalisierte Formen des Gesprächs mit der Öffentlichkeit entwickeln. Dazu bedarf es einer finanziell besseren Ausstattung der Gremien, was im KEF-Verfahren berücksichtigt werden muss. Dies sollte beachtet werden, wenn die Regelungen zur Rekrutierung und Arbeitsfähigkeit ehrenamtlicher Gremienmitglieder landesgesetzlich angepasst werden. Eine Evaluation der Rekrutierung, Ausstattung und Struktur der Gremien wäre sinnvoll.
  4. Richtlinien und Berichtspflichten
    Zu den Satzungen, Richtlinien und Berichtspflichten in § 31 sei die Frage gestattet, ob das Ausmaß der Berichterstattung, des Dauerdialogs mit Experten und dem Publikum und die manchmal schon überbürokratisch erscheinenden Regeln nicht überbordend sind. Und passen die aus der Wirtschaft übertragene Konzepte der Zielvereinbarungen und Kontrollen für ein dynamisches Medienhaus? Angesichts der notwendigen umfangreichen qualitativen Beurteilungen und der Einschaltung unabhängiger Experten entsteht ein neues lukratives Beschäftigungsfeld für Gutachtende.
  5. Probebetrieb
    Nach §32 Absatz 2 einen Probebetrieb für neue Telemedienangebote zu ermöglichen, ist sehr sinnvoll. Es fragt sich nur, ob ein halbes Jahr ausreicht, um die Akzeptanz wirklich beobachten zu können. Wenn ein Drei-Stufen-Test erst nach der Probezeit in Angriff genommen werden kann, wäre eine flexiblere Verlängerungszeit wünschenswert.

Schlussbemerkungen
Eingangs wurde vorgeschlagen, § 32 a Absatz 6 aus Verfassungsgrundgründen zu streichen. Das neue Konzept des Staatsvertragsentwurf steht und fällt mit der adäquaten Neureglung der Finanzierung des ö-r Rundfunks. Bleibt es beim derzeitigen Finanzierungssystem, wird immer wieder die Beitragsstabilität im Zentrum der politischen Debatten stehen und nicht die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom BVerfG attestiere Finanzgewährleistungsgarantie. Das wird zu weiteren Verfahren in Karlsruhe führen, zumal das derzeitige KEF-Verfahren mit der gewollten Flexibilisierung des Auftrags seine Schwierigkeiten haben wird, denn es gibt bald keine gesetzlich beauftragten Programmangebote mehr, sondern voraussichtlich häufiger wechselnde Angebote. Wie dies in das derzeitige KEF-Verfahren integriert werden soll, ist eine ganz wesentliche und schwierige Frage, deren Beantwortung noch völlig offen ist, wenn man das indexierte Budgetmodell nicht einführt.
Die Flexibilisierung des Auftrags muss unseres Erachtens mit einem flexibilisierten indexierten Budgetmodell gekoppelt werden. Nur so können Sender mit einem flexibleren Auftrag operieren. Werden z.B. durch Gremienbeschluss Programme eingestellt, werden Gelder frei, die nicht unbedingt für neue Angebote umgewidmet werden können weil die KEF für die neuen Angebote den Finanzbedarf nicht früher prüfen kann.

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Diskussionsentwurf Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat der Initiativkreis eine Stellungnahme abgegeben, die hier als PDF heruntergeladen werden kann.